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Drascha zum Schabbat Schmot, Hamburg, Freitag, 17.01.2025 von Landesrabbinerin Alina Treiger


Wann haben Sie sich das letzte Mal gefragt, ob Sie zu jung oder zu alt für Ihr Alter sind? Ist Reife wirklich eine Frage der Jahre, die wir gelebt haben, oder eher der Erfahrungen, die uns prägen? Diese Fragen sind so alt wie die Menschheit selbst, und sie begleiten uns durch alle Lebensphasen.

Die Tora erzählt uns von Mosche, einem Mann, dessen Reife weit über sein biologisches Alter hinausging. In Shemot (2:11) heißt es:

וַיְהִ֣י ׀ בַּיָּמִ֣ים הָהֵ֗ם וַיִּגְדַּ֤ל מֹשֶׁה֙ וַיֵּצֵ֣א אֶל־אֶחָ֔יו וַיַּ֖רְא בְּסִבְלֹתָ֑ם וַיַּרְא֙ אִ֣ישׁ מִצְרִ֔י מַכֶּ֥ה אִישׁ־עִבְרִ֖י מֵאֶחָֽיו׃

In jenen Tagen, als Mose groß war, geschah es, dass er zu seinen Brüdern ging und ihre schweren Arbeiten sah; da erblickte er einen ägyptischen Mann, der einen hebräischen Mann unter seinen Brüdern schlug“.

Die Midraschim halten inne, um über diesen Moment nachzudenken. Rabbi Yehuda fragt im Midrasch Tanchuma nach: „Wachsen nicht alle Kinder? Warum hebt die Tora hervor, dass Mosche groß wurde?“

Die Antwort liegt nicht in seiner physischen Entwicklung, sondern in seiner emotionalen und spirituellen Reife. Er war vielleicht fünf Jahre alt, aber handelte wie ein Elfjähriger.

V. II. Und es geschah in derselben Zeit, als Moshe groß geworden war, nämlich als er 20 Jahre alt geworden war. Manche sagten 40 Jahre. „Da ist Moshe groß geworden“. Werden andere nicht etwa auch groß? Allein er war auf eine ungewöhnliche Weise (nicht nach dem Lauf der Welt) gewachsen.

Midrasch Raba 2:13 meint: Und er sah ihre Lastarbeiten. Was heißt das: und er sah? Dass er, als er ihre Lastarbeiten sah, weinte und sprach: Weh mir über euch, möchte ich doch für euch sterben! Denn es gibt keine Arbeit, die so schwer ist wie die mit Lehm. Er lud den Lehm aber auf seine Schultern und stand jedem von ihnen bei. R. Eleasar ben R. Jose der Galiläer sagte: Er sah eine große Last auf dem Kleinen und eine kleine Last auf dem Großen, die Last eines Mannes auf dem Weibe und die eines Weibes auf dem Manne, die Last eines Alten auf dem Jüngling und die Last eines Jünglings auf dem Alten. Er verließ seinen Lanzenträger und ging und erleichterte ihnen ihre Lastarbeit und tat, als wenn er dem Pharao helfen wollte. Da sprach G-tt: Du hast deine Geschäfte verlassen und bist gegangen, das Leiden der Israeliten zu sehen und hast dich so brüderlich gegen sie bewiesen, so verlasse ich die Oberen und die Unteren und spreche mit dir. Darum heißt es auch Ex. 3, 4: „Der Ewige sah, dass er hintrat zu sehen“ (im Dornbusch) d. i. Gott betrachtete Mose, dass er von seinen Geschäften (Angelegenheiten) abhielt und ihre Lastarbeiten ansah, darum sprach G-tt zu ihm aus dem Dornbusch.

Das Thema des Heranwachsens von Moses wurde hervorgehoben, um zu zeigen, dass Moses für sein Alter reif war. Moses nutzte diese Reife, um seinen Brüdern zu helfen.

Dieser Moment lehrt uns etwas Grundlegendes über wahre Größe und Reife. Mosche war „groß“, nicht nur, weil er im Palast des Pharaos aufgewachsen war, sondern weil er fähig war, sich in andere hineinzuversetzen und entschloss zu handeln. Er ließ seine Privilegien hinter sich, um mit den Unterdrückten zu stehen. Er ging zu seinen Brüdern mehrmals, um ihnen in ihrer Realität zu helfen.

Reife zeigt sich darin, wie wir auf die Bedürfnisse anderer reagieren. Sie misst sich nicht an unserem Alter, sondern daran, ob wir bereit sind, unsere Zeit und Energie für das Wohl anderer einzusetzen. In diesem Sinne zeigt uns Mosche, dass Reife bedeutet, sich der Verantwortung zu stellen, die unsere Umgebung und unser Leben von uns fordern.

Größe in „Vigdal“ wird am Beitrag zur Gesellschaft gemessen, nicht unbedingt am Alter. Es ist diese Verbindung von persönlichem Wachstum und Mitgefühl, die uns befähigt, unsere eigene Reife zu erreichen, egal wie alt oder jung wir sind.


Schabbat schalom!

 

Hier geht es zur russischen Version:


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